Fortbewegung: Flugzeug, Eisenbahn, Touristenbus, Lokalbus, 50er-Jahre-Taxi (Chevrolet, Cadillac), Pferdetaxi, Fahrradtaxi, Kokosnuss-Taxi („Coco“ in Havana), Ochsenkarren, Leihrad, Privat-Pkw
Stunden durch Kuba: ca. 40
davon Verspätungen in Summe: 18 Stunden
zurückgelegte Kilometer: 2.266
Zeitraum: 24 Tage im Oktober und November
Sonnentage: 19 von 24
Übernachtung: ausschließlich „Casa Particulares“ (bei Familien)
Budget: wir sind mit 25,50 Euro pro Person am Tag ausgekommen (was allerdings recht knapp ist und keine großen Extras ermöglicht)
erfolgreiche Bestechungsversuche: 5
Gesamtbewertung: Schulnote 2,5 (Kuba ist einfach speziell, aber mit etwas zeitlichem Abstand bleibt Kuba als sehr aufregend und exotisch in Erinnerung)
must-sees:
Trinidad ist nicht nur ein malerisches Städtchen, sondern auch Ausgangspunkt zum idyllischen Tal der Zuckermühlen. Tipp: Unbedingt mit dem Dampfzug ins Tal hineinfahren!
Das Dörfchen Viniales ist unser kubanischer Höhepunkt. Die idyllische „Casa Campo“ ist unser ganz persönliches Paradies auf Erden. Schon das Frühstück zwischen freilaufenden Hühnern und Schweinen ist eine Idylle. Dazu der Blick auf die Karstfelsen der einzigartigen Landschaft und der Duft von handgeröstetem Kaffee – unbeschreiblich.
forget-it:
Cienfuegos, Unesco-Weltkulturerbe, und laut unserem Reiseführer „an einer der schönsten natürlichen Buchten der Welt gelegen“. Wir finden ein mit Abwasser verschmutztes und stinkendes Meer vor. Umrahmt wird die „herrliche“ Bucht von einem nie fertiggestellten russischen Atommeiler und einer Industriekulisse, die wohl in Kuba in dieser Dichte einmalig sein dürfte. Da haben der Reiseführer-Autor und der Unesco-Vertreter wohl einen Mojito zu viel gekippt und sich die Stadt schön gesoffen.
top:
Die „Casa Particulares“ sind eine Wohltat. Man hat immer Familienanschluss, kann sein Spanisch deutlich verbessern und wird bekocht wie bei einem Staatsempfang. Nicht selten stehen zehn verschiedene Tellerchen mit köstlichen Beilagen auf dem gedeckten Tisch!
Die Sicherheitslage ist für lateinamerikanische Verhältnisse einmalig, denn Gewaltverbrechen sind in Kuba sehr selten und so kann man sich als Tourist mit dem Foto um den Hals mitten in Havanna frei bewegen – auch nachts.
Gelegentlich kann man als Tourist in Pesos Nacionales bezahlen, wenn man so schlau war, einige Scheine schwarz auf der Straße zu tauschen. Ein Softeis auf der Straße für vier Eurocent schmeckt echt riesig – auch wenn es immer nur eine Geschmackssorte gibt.
Für Devisen in Form kleiner Scheine öffnen sich Türen und Tore, die sonst verschlossen bleiben. Gelegentlich steckt der Kassierer den Eintrittspreis auch in die eigene Tasche und lässt Besucher ohne Ticket günstiger rein. Ganz klar eine Win-Win-Situation für beide Parteien…
Wer Salsa liebt, kommt in Kuba voll auf seine Kosten. Wir zählen uns nun nicht gerade zu den Freunden dieser Musikrichtung, aber mit einigen Mojitos im Kopf passt das schon.
Fotomotive bieten sich in Kuba reichlich, man fühlt sich überall um fünfzig Jahre in die Vergangenheit versetzt. Alte Autos, klapprige Züge, verfallene Häuser… Das Leben auf der Straße ist noch stärker ausgeprägt als anderswo in Lateinamerika. So ist es ein Hochgenuss, einfach auf der Straße oder dem Platz zu sitzen und das Geschehen um einen herum zu beobachten. Wir haben die vielen Ernesto „Che“ Guevara Wandgemälde geliebt, er wird noch heute als Volksheld Nr. 1 verehrt.
Rum und Zigarren sind sehr günstig zu haben und ein hervorragender Zeitvertreib in der Hängematte. Die Mojitos sind der Hammer!
Da es in Kuba an allem mangelt, wird nichts weggeworfen. So sind die Kubaner ware Meister darin, kaputte Sachen, alte Autos oder Maschinen zu reparieren. Der Schuhmacher unseres Vertrauen hat den defekten Trageriemen an Lenas Rucksack ebenso kreativ und engagiert repariert, wie Bernds Flip-Flops.
wunderlich:
Wo fangen wir an? In Kuba ist so ziemlich alles wunderlich:
– Schlangestehen für Seife oder „West-Waren“ wie früher in der DDR
– wenn der Strom mal wieder ausfällt – und im Café deshalb keine kalten oder warmen Getränke mehr serviert werden können – klettert der Kellner kurzerhand auf eine Palme und serviert Kokosnüsse mit Strohhalm.
– Havana Centro ist eigentlich komplett „abgefuckt“ und erinnert stellenweise an zerstörte deutsche Städte nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Regierung saniert lieber die Touristenviertel und Hotels, weil diese Devisen bringen. In die Wohnhäuser regnet es rein und der Schimmel macht sich breit…
– der überfüllte Lokalbus von Strand „Rancho Luna“ nach Cienfuegos ist unglaubliche 270mal billiger als tags zuvor das Taxi. Allerdings ist die Fahrt auch um den gleichen Faktor anstrengender. Mit vollem Gepäck werden wir im Gang eingequetscht. Als der Bus wirklich rappelvoll ist, werden alle weiteren Fahrgäste liegend in die Gepäckluken über dem Fahrgestell geschoben. Wenn wir es nicht mit eigenen Augen gesehen hätten – wir hätten es nicht für möglich gehalten!
– der niedrigere Arbeitslohn und die Planwirtschaft sorgen nicht gerade für eine hohe Produktivität. So werden sinnlos Menschen beschäftigt oder man wartet ewig, der Bürokratie wegen
– es gibt oft keine Klobrillen, obwohl die Halterungen vorhanden sind (waren wohl gerade „aus“ im nichtvorhandenen Baumarkt)
– kubanische Uhren stehen immer still. Am Flughafen in Havanna ist ausgerechnet jene Uhr defekt, welche die kubanische Uhrzeit im internationalen Vergleich anzeigen sollte – symptomatisch für Kuba…
– Essig und Öl oder Kaffee sind mit Wasser gestreckt, da es sich um teure Güter handelt
– Bargeld auf der Bank gibt’s nur gegen Vorlage eines Reisepasses, der Angabe einer Unterkunft und mindestens drei Unterschriften
– Plastiktüten werden in Kuba auf der Wäscheleine getrocknet, weil sie ziemlich selten sind und sich vor dem Einkaufsladen für 1 Peso das Stück verkaufen lassen
– es ist unglaublich, welch große Rolle Pferd und Ochse im Transport- bzw. Agrarwesen noch immer spielen. Statt mit dem Mercedes ist man in vielen Städten mit dem Pferdefuhrwerk unterwegs.
– selbst der teure und verhältnismäßig luxuriöse Touristenbus Viazul bummelt gerne mal auf der Autobahn rum. So gönnt sich unser Fahrer unterwegs einen kleinen Extrahalt für einen Kaffee am Straßenrand und eine Zigarette. Mit 45 Minuten Verspätung kommen wir in Havana an. Vor unseren Augen kippt sich der Fahrer hinter dem Lenkrad erstmal einen ordentlichen Schluck Havana-Rum hinter die Kiemen. {Ironie an} Den hat er sich auch redlich verdient, schließlich hat er gerade dreieinhalb Stunden hart gearbeitet und dabei stolze 150 Kilometer zurückgelegt {Ironie aus}.
– wer denkt, die Müllabfuhr in Mexiko ist laut und spät dran, irrt! In Havanna kommt die Müllabfuhr nachts um 02:30 Uhr und ist alles andere als rücksichtsvoll, was den Nachtschlaf der Anwohner betrifft
– die Dampflokomotive des Touristenzugs ins Tal der Zuckermühlen wird unterwegs auf einer Flussbrücke mit frischem Wasser versorgt. Nebenbei sammelt das Zugpersonal das Holz fürs Kesselfeuer im Wald. So kommt man auch ohne teure Kohlen voran. Pünktlich zur Rückfahrt sitzen alle Touristen im Zug. Nur der Lokführer und sein Heizer fehlen. Sie haben sich auf der Hazienda noch einen Rum mit Einheimischen genehmigt und wohl die Zeit vergessen.
– man kann sich in Kuba jedwede Höflichkeit in Läden oder Restaurants abgewöhnen. Ein freundliches „Grüß Gott“, „Hallo“ oder „Dankeschön“ wird unbeantwortet verhallen. Dies richtet sich aber nicht gezielt gegen Touristen, sondern geht auch Einheimischen so. Man muss an manchen Orten ein schlechtes Gewissen haben, wenn man für eine Dienstleistung die kostbare Zeit eines Kubaners in Anspruch nehmen will. Schließlich ist es viel wichtiger, mit dem Kollegen zu tratschen oder irgendwelche Nummern in irgendwelche Formulare einzutragen.
nervig:
Über die Jineteros haben wir ja schon berichtet. Es ist auf der einen Seite faszinierend, wie raffiniert diese Schlepper vorgehen, auf der anderen Seite aber auch unglaublich, wie dämlich Touristen sein können.
Information über den Zugfahrplan zu ergattern ist ein schieres Ding der Unmöglichkeit. Wir sind dreimal mit dem Zug gefahren (und haben in ganz Kuba keinen einzigen Touristen getroffen, der dies je gewagt hätte), mussten den Plan aber mindestens genauso oft wieder verwerfen. Es gibt Strecken, die werden nur jeden dritten Tag befahren und diese Züge fallen dann auch noch zur Hälfte aus – macht also einen Zug pro Woche. Der einzige verlässliche Weg der Informationsbeschaffung ist das persönliche Erscheinen am Bahnhof am Tag vor der geplanten Reise. Auf einer Kreidetafel steht dann die aktuell geplante Fahrzeit (der gedruckte Abfahrtsplan hat keine praktische Relevanz). Allzu oft steht auf besagter Tafel allerdings das fiese Wort „cancelado – gestrichen“, was einem letztlich doch dazu zwingt, ein Busticket zu kaufen.
Öffentliche Toiletten sind ein Alptraum. In unser Hirn brennen sich Bilder ein, die man lieber vergessen würde. Schreiben darüber wollen wir erst gar nicht anfangen…
Leider sind die Kubaner ziemliche Umweltschweine. Da fliegt die Getränkedose bei voller Fahrt aus dem Fenster oder da landet der volle Müllsack im Fluss.
Der Zugang zum Internet ist in Kuba ein Privileg, welches nur wenigen Menschen gewährt wird. Touristen müssen in den staatlichen Telekommunikationsläden im WorldWideWeb surfen (sechs CUC für eine Stunde langsames Internet). Vorher ist Schlangestehen angesagt und Wartezeiten von ein bis zwei Stunden sind keine Seltenheit, wie wir selbst leidvoll erfahren. Außerdem ist das Vorzeigen der Pässe obligatorisch und die persönlichen Daten werden in handgeschriebenen Listen gespeichert – die volle Dosis Staatsüberwachung und Planwirtschaft…
Cubana-Air ist eine der unpünktlichsten Airlines die man sich denken kann. Der Hinflug startet 11,5 Stunden verspätet in Cancun. Statt nachmittags landen wir in der Nacht um 04:30 Uhr in Havana und müssen unsere Casa-Gastgeberin aus dem Bett klingeln. Eine gute Seite hat Cubana-Air dann aber doch: In den alten Tupolew-Maschinen wird Mojito und Cuba-Libre bis zum Abwinken ausgeschenkt.
Regel Nummer 1: Immer und überall vorher über den Preis sprechen. Taxi und Rikschafahrer nehmen dich gnadenlos aus, wenn der Preis vorher nicht verhandelt wurde. Auch die Rechnungen in Restaurants sind regelmäßig gefälscht oder das Wechselgeld stimmt nicht.
Kuba – an einem Tag liebt man dieses großartige Land. Am nächsten Tag verdammt man es aufgrund des beschwerlichen Reisens. Wir treffen Leute, die in Tränen aufgelöst, versuchen, ihren Flug vorzubuchen, um endlich hier verschwinden zu können. Es ist einfach ein sehr spezielles Land. Wir kommen mit Kuba ganz gut klar und sind sehr froh, diese Bekanntschaft gemacht zu haben. Es ist ja auch so, dass man die negativen Seiten im Rückblick schnell vergisst und dann die schönen Augenblicke in der Erinnerung dominieren.
Im Gegensatz zu den vielen Pauschaltouristen, die sich nur im Rahmen von organisierten Tagesausflügen aus ihren Luxusressorts wagen, können wir jedenfalls behaupten: Wir haben das reale Kuba mit all seinen Macken, Seltsamkeiten und Liebenswürdigkeiten kennengelernt.
Thommy, 13 Nov 2011:
Schön wieder von euch zu lesen…Klingt spannend was ihr in Kuba erlebt habt. Das mit den Klobrillen kenn ich aus Portugal….Aber alles in allem ja ne ganz nette Lebenseinstellung was die Kubaner da so an den Tag legen. Werd mir dann auch öfters mal einen Rum gönnen wenn arbeit droht….Bis bald!
Siegi, 21 Nov 2011:
Hallo Ihr Zwei, ich habe ja echt ein schlechtes Gewissen, weil ich mich so lange nicht mehr eingeloggt habe. Nein keine Ausreden, wenn man will findet man immer Zeit. Trotzdem hab ich mich grade wiederköstlich amüsiert. Eure Berichte sind einfach nur genial. Man lebt das richtig mit und kann sich das auch bildlich vorstellen. Mehr als einmal musste ich laut losprusten. Jaja die Kubaner. Ausser Alkohol (Mojito), Nikotin (Havannas) und Hummer auf 12 Teller scheinen sie nicht viel zu können *gg*. Dann wissen wir wenigstens das wir den nächsten Urlaub lieber wieder auf den Malediven im 4 Sterne Hotel verbringen (schon wegen dem Clo *Igitt*). In diesem Sinne, ich gelobe Besserung und freu mich auf den nächsten Bericht. Siegi