gefahrene Kilometer: 9.156 Fortbewegung: Mietwagen, Eisenbahn, Monorail, Straßenbahn, Cablecar, Fähre
Zeitraum: 21 Tage im September
Ärger mit der Staatsgewalt: zweimal
Begegnungen mit Bären: eine
sonstiges Wildlife: Hirsche, Streifenhörnchen, Hasen, Wildgänse, Wildpferde
Höchsttemperatur: 41 Grad (Las Vegas) Tiefsttemperatur: 2 Grad (Great Sand Dunes)
Sonnentage: viel Sonne (wenn man von den Wetterkapriolen in Utah, Arizona und Colorado mal absieht)
Übernachtung: überwiegend im Zelt
Budget: mäßig teuer, wir haben es auf 52 Euro Tagesbudget pro Nase gebracht
Gesamtbewertung: Schulnote 1,7 (trotz vieler Vorurteile ein großartiges Urlaubsland)
must-see:
Der Yosemite Nationalpark ist atemberaubend schön. Der Ausbauzustand der Straßen und Parkplätze ebnet allerdings dem Massentourismus den Weg, weswegen man Wochenenden tunlichst meiden sollte. Spektakulär ist die Straße zum Glacier Point, mit herrlichen Ausblicken auf den Half-Dome und die Yosemite Falls.
Grand Canyon oder Bryce Canyon – schwer zu sagen, welches dieser Naturwunder im direkten Vergleich die Nase vorn hat. Am besten beide Canyons bei Sonnenaufgang bzw. -untergang erleben und zauberhafte Lichtstimmungen genießen!
Auch das Monument Valley a.k.a. Marlboro Country ist ein Muss. Hier ist der Westen noch wild und einsam. Und wenn Du den Wagen auf staubigen Straßen in Richtung Sonnenuntergang steuerst, fühlst Du dich garantiert ein bisschen wie Lucky Luke.
Wenn sich der berüchtigte Küstennebel dann mal endlich lichtet, ist San Francisco sehr reizvoll. Neben dem üblichen Touriprogramm wie Fishermans Wharft, Pier 39, Cabel Car oder Union Square bietet „Frisco“ das volle Kontrastprogramm von Juppie bis Alt-Hippie. An mancher Straßenecke zieht einem der süßliche Duft von Haschisch durch die Nase, als wäre Woodstock erst gestern gewesen.
Las Vegas natürlich: 2,8 Meilen hin und 2,8 Meilen spazieren wir zu Fuß auf dem „Strip“. Hotels so groß wie Wolkenkratzer, Konsumtempel, Spielhöllen und Fressbuden säumen den Prachtboulevard. Und wir lassen uns natürlich eines der besten Hotels der Stadt raus – DER WAHNSINN – vom Zelt ins 5-Sterne-Resort, was für eine Karriere!
Wenn die Sonne untergeht, dann lebt Elvis in Vegas wieder auf, als Fotomodell oder im „Elvis lebt Fanshop“. Selbstverständlich kann er auch für den Auftritt in der „little white wedding chapel“ gebucht werden. Sein Anzug glitzert genau wie ganz Las Vegas. Als ob der ganze Glamour nicht genug wäre, kommt noch der absolute Overkill für die Ohren obendrauf. Aus jedem Hotel, jeder Bude und aus jedem einarmigen Banditen bimmelt und beatet es, dass einem der Kopf dröhnt. Untergehende Piratenschiffe, tanzende Wasserphontänen und explodierende Vulkane geben den Sinnen den Rest – und dennoch sind wir sehr angetan von diesem – im Vergleich zum Campen im Wald – recht konträren Unterhaltungsangebot.
forget-it:
Die Great Sand Dunes in Colorado sind unser persönlicher Reinfall, denn erstens ist es nachts saukalt im Zelt und zweitens sind die Sandhaufen weitaus weniger beeindruckend als wir uns das vorgestellt hatten.
Auch die Washington Coast (das obere Drittel des Highway Nr. 101) ist relativ langweilig und wird erst ab Oregon spannender. Und baden geht vor Kalifornien aufgrund der Wassertemperatur eh nicht…
top:
Die Auswahl in den Supermärkten ist bei weitem nicht so schlecht wie zunächst vermutet. Tatsächlich gibt es Lebensmittel auch ohne Geschmacksverstärker, Zuckerzusatz oder Farbstoffe. Fleisch und Fisch sind relativ günstig und von guter Qualität! Und noch ein dickes Plus: Alkohol ist deutlich günstiger als in Kanada *hicks*
Extraklasse sind die vielen Campingplätze. Ob einsam und romantisch mitten im Wald oder mit allen Extras wie WiFi und Whirlpool – für jeden Geschmack (bzw. Geldbeutel) gibt es den passenden Stell- oder Zeltplatz.
Müllverschmutzung ist praktisch nicht existent. Für jede Meile eines Highways gibt es einen Paten, der sich um die Sauberkeit kümmert. Es gibt sehr viele State Parks (vergleichbar mit Naturschutzgebieten), geschützte Wälder und Nationalparks, wo Flora und Fauna unter strengem Schutz stehen.
wunderlich:
Superlative wie „world famous“ oder „worlds biggest“ lassen die Kassen klingeln und begeistern den gemeinen Touristen.
Das RV („recreational vehicle“) ist ein typisches amerikanisches Phänomen. Es ist ein weiterverbreitetes Schlachtschiff auf Straßen, das die Dimension eines ausgewachsenen Omnibusses annehmen kann und nicht selten auch mal eine Motoryacht oder einen Geländewagen hinter sich herzieht. Für den Patrioten darf natürlich der integrierte Fahnenmast zum hissen der US-Flagge nicht fehlen. Es ist schon skurril, wie der Ami dann mit dem RV auf den schönsten Plätzen in der Natur steht. Da das Haus auf Rädern alle Extras wie Flachbildfernseher, Massagesessel, Panoramafenster, Großküche, Spa- und Wellnessbereich und Garage mit Werkstatt bietet, besteht gar keine Notwendigkeit mehr, selbiges überhaupt zur Erholung in der Natur zu verlassen.
Dem einfachen Zelter gehen RV’s besonders dann auf die Nerven, wenn der laute Motor des überdimensionalen Fahrzeugs nachts die Standheizung mit Energie versorgt, während man sich im Zelt den A**** abfriert.
Veteranenkult und Patriotismus begegnen dem Reisenden in vielen Gegenden. Veteranen werden mit Denkmälern verehrt und mit Rabattaktionen und Ermäßigungen aller Art überschüttet oder mit eigenen Autokennzeichen auffällig inszeniert. Warum nur ist man so stolz auf Kriege wie in Vietnam und Korea? Und diese „God bless America“ oder „Pray for our country“ Autoaufkleber muss man wohl einfach so stehen lassen.
Jedes zweite Auto ist ein Pick-Up, auch in der Stadt, wo man selten mehr als die Einkaufstaschen zu transportieren hat. An Größe, Motorleistung und Aussehen übertrumpfen sich diese Monsterfahrzeuge gegenseitig und es kann schon mal passieren, dass zum Einsteigen eine Leiter erforderlich wird. Kein Wunder, dass die Straßen in jeder noch so kleinen Provinzstadt so breit sind, wie bei uns eine dreispurige Autobahn mit Standstreifen.
Auf jede lauernde Gefahr muss durch Schilder oder Durchsagen hingewiesen werden. Unser persönliches Best of:
– „Objekte im Spiegel erscheinen näher als sie sind“
– „Kein Lebensretter im Dienst“ (hängt an jeder noch so kleinen Badewanne)
– „Benutzen Sie kein offenes Feuer im Zelt“
– „Angestellte sind verpflichtet, sich die Hände nach der Toilette zu waschen“ (McDonalds)
Von wegen Land der unbegrenzten Möglichkeiten… Alles ist verboten oder reglementiert. Hätte man erwartet, dass das Baden in einem Waschbecken auf einer öffentlichen Toilette überhaupt möglich sein könnte?
Im Mesa Verde Nationalpark gehen zehn Minuten der einstündigen Führung für eine Sicherheitsbelehrung drauf. Vor etlichen Jahren hat sich einmal ein Tourist den Knöchel verstaucht, seitdem müssen Millionen von Besuchern gewarnt werden, dass sich die Augen erst an die Lichtverhältnisse gewöhnen müssen, bevor der höhlenforschende Tourist vom Hellen ins Dunkle treten darf. Nur unter strenger Anleitung der Fremdenführerin darf anschließend eine kleine Freileiter bestiegen werden. Dabei wird jeder Besucher überwacht, ob er auch mit beiden Händen die Sprossen umklammert, bevor er einen Schritt nach oben tut. Nach dieser Sicherheitsunterweisung hätten wir einen Marsch durch ein Minenfeld erwartet…
nervig:
Das permanente Laufenlassen der Motoren z.B. auf dem Supermarktparkplatz, der Tankstelle oder am Strand ist supernervig und absolut unverständlich. Was ist so schwer daran, den Schlüssel im Zündschloss umzudrehen? Bequemlichkeit? Würde eine Menge Sprit sparen und die Umwelt entlasten…
Sicherheitswahn allerorten: Egal ob am Bahnhof, auf dem Hauptpostamt oder an den Staatsgrenzen. Überall wird man kontrolliert, durchleuchtet oder ausgefragt. Das Sicherheitsgewerbe boomt – die hohen Staatsschulden kommen nicht von ungefähr bei diesem massiven Personaleinsatz.