Beherrsche den Osten

Vladivostok – allein der fremdartige Klang dieser Stadt im fernen Osten löste schon vor vielen Jahren Fernweh bei uns aus. Weiter östlich kann man mit der Transsibirischen Eisenbahn nicht reisen. Wörtlich übersetzt bedeutet Vladivostok tatsächlich „Beherrsche den Osten“. Von hier legt auch die Fähre nach Japan ab und der Schurkenstaat Nordkorea liegt gleich um die Ecke. Bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion war die Region gar Sperrgebiet, weil hier die gesamte Pazifikflotte der russischen Marine stationiert war.

 Was also zur Hölle will man eigentlich in Vladivostok werdet ihr euch fragen? Mehr als einen zweistündigen Spaziergang gibt die Stadt am Pazifik wirklich nicht her. Vladivostok ist weder eine Perle noch gibt es Sehenswürdigkeiten – und dennoch geht hier ein Lebenstraum in Erfüllung (zumindest für den eisenbahnverrückten Bernd). Allein der Fakt, dass hier der 9.289 Kilometer lange Schienenstrang beginnt bzw. endet, der durch das Herzen Sibiriens bis nach Moskau führt, ist ein guter Grund für einen Besuch. Und weil alle anderen Touristen die direktere Route von Peking über die Mongolei an den Baikalsee nehmen – ist man hier im Winter ein ziemlicher Exot.

Endlich hat es auch mal mit dem „Couchsurfing“ geklappt. Roman und Nadja wohnen eine halbe Stunde vom Stadtzentrum entfernt in einem modernisierten Wohnblock. Wir werden überaus freundlich empfangen und verbringen einen netten gemeinsamen Abend. In der Sauna Marke Eigenbau stellt Bernd mit 22 Minuten eine neue Bestzeit auf. Lena kocht für die gastfreundlichen Russen eine Portion Kässpätzle zum Mittagessen. Schade, dass wir nur 24 Stunden bleiben können – aber die Transsib wartet nicht. Roman bringt uns mit dem Auto zum Bahnhof und setzt uns noch ins richtige Zugabteil. Er hat dieses Jahr bereits 100 Couchsurfer beherbergt. Eine solch ausgeprägte Gastfreundschaft macht uns wirklich sprachlos.