Tobacco Island – von Kokosnüssen, rauchenden Piraten und fluchenden Fischern

Zufällig stoßen wir bei der Reiserecherche auf ein einsames Karibikinselchen namens „Tobacco Island“. Das klingt verlockend, da wollen wir hin! Ein wenig Emailkorrespondenz und zwei Tage später finden wir uns in einem klapprigen Bus wieder, der uns während der siebenstündigen Fahrt Zweidrittel des kleinen Landes „Belize“ näherbringt. In dem kleinen Hafenstädtchen Dangriga ist Umsteigen auf Captain Fermen´s Motorboot angesagt und nach etwa einer halben Stunde taucht das kleine Eiland am Horizont vor uns auf. Tobacco Island liegt direkt auf dem Belize Barrier Reef, dem zweitgrößten Korallenriff der Welt und ist übersät mit zahllosen Kokosnusspalmen und Sandstränden. Am und im Wasser findet man tausende(!) Muschelgehäuse, für die man in Europa aufgrund ihrer Größe und Schönheit ordentlich Geld auf den Tisch legen würde. Die hiesigen Fischer sammeln die Muscheln des vorzüglich schmeckenden Fleisches wegen („Chong genannt“) und entsorgen den übrigen „Muschelmüll“ dann im Meer. Direkt am Strand schweben elegant Manta- und Stachelrochen durch das kristallklare, flache Wasser. Es ist ein imposantes Erlebnis, mit diesen bis zu zwei Meter großen Tieren zu Schnorcheln. Sie sind solange friedlich, bis man ihnen zu nahe auf die Pelle rückt… Der dämliche Tourist, von dem uns die Einheimischen berichten, hat das nicht wahrhaben wollen und einen Rochen angepackt. Angeblich war zur Betäubung des Schmerzes eine große Flasche Rum erforderlich.
Der Entdeckerdrang veranlasst uns, die Insel zu vermessen: um Tobacco Island zu umrunden benötigen wir 692 Schritte bzw. 07:20:82 Minuten. An der breitesten Stelle misst die Insel gerade mal 107 Schritte bzw. 00:57:36 Minuten. Und auch mit soziodemographischen Daten können wir aufwarten: Insgesamt wohnen 18 Einheimische hier. Die Bettenkapazität reicht für bis zu 100 Touristen – es sind aber maximal acht Touristen inklusive uns anwesend… Leider sind darunter auch zwei „Freunde“ aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Wir haben ja inzwischen akzeptiert, dass sie nachgewiesenermaßen drei Dezibel lauter als andere Menschen sprechen, aber statt sich an den Schönheiten der Insel zu erfreuen, labt sich das Pärchen an zwei Flaschen (3,5 Litern) Karibik-Rum. Diese Aktion endet nicht nur im Delirium, sondern führt auch dazu, dass sich die gesamte Einwohnerschaft der Insel über so wenig Verstand lustig macht! Nach dem anschließenden Konsum von annähernd 20 Litern Wasser verlassen die liebgewonnenen Zimmernachbarn aus verzweifelter Langeweile die Insel vorzeitig. Unsereins fröhnt derweil maßvoll dem Alkohol an der einzigen Strandbar. Solltet ihr mal nach „Tobacco Island“ kommen, bestellt euch unbedingt einen „Pantie-Ripper“ („Unterhöschen-Auszieher“). Beim Genuss dieses Rum-Mixgetränkes werdet ihr dann sicherlich auch Bekanntschaft mit der Inselkoriphäe „George“ machen. Der 52-jährige Fischer lebt seit 27 Jahren auf der Insel und kennt die Gewässer wie seine Westentasche. Jeder zweite Satz, der dem raubeinigen Mann von den Lippen geht, enthält das Wort FUCKING. Im Grunde aber ist er ein aufrechter und liebenswürdiger Fischersmann. So stechen wir dann auch an einem schönen Tag mit ihm und seinem etwas renovierungsbedürftigen Kajak in „hohe“ See. Während er seiner Arbeit nachgeht und nach Muscheln taucht (er kommt ohne Taucherausrüstung bis zu 20 Meter tief und kann anderthalb Minuten unter Wasser bleiben) erfreuen uns die vielen bunten Fische und Korallen im seichten Gewässer des Riffs. George´s Lieblingsbeschäftigung ist es aber, abends an der Bar Schabernack mit Touristen zu treiben. Er kann sich wirklich jeden Abend aufs Neue darüber kaputtlachen, wie die Touristen verzweifelt versuchen, seine kniffligen Rätselspiele zu lösen…

Ihr werdet euch vielleicht fragen, was man vier Tage lang auf einer Insel unwesentlich größer als ein Fußballfeld tun kann? Wie wär’s damit: schnorcheln, baden, relaxen, in der Hängematte übers Meer schwingen, lesen, mit Einheimischen tratschen, sich mit der einzigen Inselkatze anfreunden (da der Kater noch keinen Namen hat, taufen wir ihn „Sammy“, bis sich herausstellt, dass „Sally“ eigentlich viel besser zu ihr passt), Kokosnüsse schlürfen, fischen (Bernd fängt nachts unter der Anleitung von „Roger“ einen Red Snapper) und auf den stets überpünktlichen Essensgong um 08:00 Uhr, 12:00 Uhr und 18:00 Uhr warten (Vollpension nach striktem Zeitplan).

Schweren Herzens verlassen wir die liebgewonnene Insel und ihre Bewohner in Richtung Kuba. Dieser Aufenthalt war wie eine Kur. Wir fühlen uns erholt und streben neuen Abenteuern entgegen.

P.S. Uns war damals nicht bewusst, wie sehr wir uns noch nach diesem Traum einer Insel zurücksehnen würden. Definitiv einer der schönsten Plätze der Welt für uns…


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