Eine Geschichte aus unserem Lieblingsland Indonesien haben wir noch…
Es ist unser letzter Tag auf Samosir Island im Toba Lake. Mit dem Fahrrad machen wir uns auf den Weg ins Nachbardorf, denn wir wollen dem dortigen Postamt unsere Aufwartung machen. Für unseren indonesischen Freund Budhi auf Java haben wir ein Wörterbuch Deutsch-Indonesisch erstanden. Er würde so gerne Deutsch lernen, um die deutschsprachigen Touristen noch besser auf den Vulkan Papandayan führen zu können, hat er uns zum Abschied gesagt. Wir erfüllen ihm den Wunsch gerne und leisten so ein bisschen aktive Entwicklungshilfe, die ihm und seiner kleinen Familie direkt zu gute kommen wird.
Das Postamt ist bis 17:00 Uhr geöffnet, so sagt man uns. Wir treffen um 14:50 ein und sehen gerade noch, wie der Schlüssel im Schloss umgedreht wird. Wie geschlossen? Ein kurzer Uhrenvergleich bestätigt unseren Verdacht. Da hat jemand an der Uhr gedreht, denn unsere Armbanduhr zeigt 14:50, die Wanduhr im Postamt bereits 15:07. Wir sollen morgen wieder kommen erklärt man uns genervt. Wir lassen uns jedoch nicht abwimmeln und schließlich müssen die drei Postbeamten doch noch mal was arbeiten.
Wir radeln weiter über die Insel und erkunden die Gegend. Am Horizont taucht plötzlich ein Wegweiser auf, dessen Inschrift wir zunächst gar nicht glauben können. Wir reiben uns verwundert die Augen, aber da steht tatsächlich schwarz auf weiß geschrieben: „Homemade Spätzle“. Das müssen wir genauer unter die Lupe nehmen – und schon finden wir uns auf der idyllischen Seetrasse in einem Restaurant wieder.
So lernen wir Tina Sihombing, die Chefin des Hauses, kennen. Uns interessiert natürlich brennend, wie es diese schwäbische Köstlichkeit auf eine indonesische Speisekarte geschafft hat. Und so erzählt uns Tina die bezaubernde Spätzle-G’schicht:
Vor 10 Jahren hat eine deutsche Familie aus Lindau hier mehrere Monate Urlaub gemacht. Zwischen der indonesischen und der deutschen Familie ist eine enge Freundschaft entstanden und so sind die Lindauer regelmäßig wiedergekehrt. Es müssen glückliche Zeiten gewesen sein – nur der kleine Spross der Familie hat seine geliebten Spätzle aus der Heimat vermisst. Und so hat seine Mama einfach beim nächsten Besuch einen Spätzlehobel aus Lindau mitgebracht. Die Hausherrin und talentierte Köchin Tina hat schnell gelernt, wie man mit dem Hobel köstliche Spätzle schabt und Kässpätzle auf ihre Speisekarte gesetzt – und der Hobel ist in Indonesien geblieben. Menschen aus aller Herren Länder – Chinesen, Inder, Amerikaner, Australier und natürlich Deutsche und Schweizer – haben die Kässpätzle in den letzten Jahren probiert und in höchsten Tönen davon geschwärmt. „Spätzle connect the world“, meint Tina am Ende der Geschichte schmunzelnd zu uns.
Wir sind begeistert von der rührenden Erzählung und wollen natürlich probieren. Tina hat die Kässpätzle-Rezeptur zwischenzeitlich verfeinert und ihr eine indonesische Note verliehen. So bestellen wir Kässpätzle mit Ginseng und Kässpätzle mit Pilzen.
Das „Making of“ wurde natürlich mit der Kamera dokumentiert und tatsächlich kommt der ehrwürdige Lindauer Spätzlehobel zum Einsatz. Die Kässpätzle indonesischen Art schmecken umwerfend und wir schweben kulinarisch auf Wolke 7. Die Kulisse des Lake Toba lässt heimatliche Gefühle aufkommen – sieht mit etwas Fantasie schließlich auch nicht anders aus als der Bodensee.
Tina wird das Herz schwer, als sie von den glücklichen Zeiten mit Karin und Rene und dem kleinen Daniel aus Lindau erzählt. Es sei ihr größter Wunsch, die Familie nochmals wiederzusehen. Wie es oft im Leben so ist, schlief der Kontakt mit der Zeit ein. Leider hatte sie damals noch keinen Internetzugang und irgendwann ging die Emailadresse der beiden verloren. Tina wird nicht müde, von den alten Zeiten zu schwärmen und erzählt uns von einem großen Familienfest mit gegrilltem Spanferkel und anderen gemeinsamen Erlebnissen.
Wir haben da eine Idee, wie wir die beiden vielleicht finden können, eröffnen wir Tina schließlich. Lindau und Ravensburg liegen ja jetzt nicht so weit auseinander wie Indonesien und Deutschland. Wir schreiben einen gern gelesenen Reiseblog im Internet und daheim kennt eh jeder jeden. Man müsste sich mal an die Lindauer Zeitung wenden – mit so einer Geschichte kann man doch sicher die Herzen der Leser erreichen. Wer weiß, vielleicht lesen die beiden den Artikel oder ein Leser kennt die beiden und kann den entscheidenden Hinweis liefern.
Tina freut sich sehr über unseren Vorschlag. Wir zücken unser Notizbuch und schreiben die Geschichte mit allen Details auf. Anschließend noch ein kleiner Fototermin mit Tina – und fertig ist die Story. Und so hat globetrotting.eu eine Mission: „Findet Karin und Rene“. Tina hat übrigens eine Belohnung ausgesetzt. Die beiden dürfen kostenlos in ihrem Hotel „Thyesza“ Urlaub machen, wenn sie in Sumatra auftauchen.
P.S. Die Lindauer Zeitung wird den Artikel drucken und uns bei der Suche behilflich sein, wie wir heute am 18. Mai erfahren haben. DANKE!
Pa Til, 22 Mai 2012:
Habe eben Lena in Hergatz (Tu, 10:15) auf den Zug nach MUC gebracht, die Spätzlesbotschafterin ist back onthe way to Singapur! Waren verdammt schnell rum, die 10 Tage „Heimaturlaub“! Bernd darf sich schon auf neue Überlebens-Mittel und -Literatur freuen! Bitte lasst uns weiter an euren Erlebnissen teilhaben, schneller und intensiver kann Info nicht sein und vielleicht gibts dann die oder den eine(n), die dann mal was Neues aus good old Germany einstellen! Euch weiter ganz viele gute Erfahrungen, seid offen für Neues und…, Ihr dürft nicht alles an Indonesien messen! Herzlichst, Euer Tilmann