Neulich in Schina

China ist in aller Munde und jeder hat schon vom chinesischen Wirtschaftswachstum, den boomenden Städten und dem Streben der Chinesen nach Statussymbolen gehört. Und endlich können auch wir mitreden. Wir sind nicht – wie viele Landsleute – zum „Business-Machen“ da, sondern als zwei neugierige Rucksacktouristen, auf der Suche nach Antworten.

Antworten auf Fragen wie: „Werden die Chinesen in Kürze die Wirtschaftswelt regieren“, „Gibt es ausreichend Parkplätze für die vielen deutschen Oberklassewagen“ oder „Verschütte ich meinen Kaffee wenn der Transrapid los schwebt?“
Unsere Studienreise (nennen wir es mal so, denn China kann man nicht als klassisches Urlaubsland bezeichnen) führt uns durch Metropolen wie Hongkong (7,1 Mio.), Shanghai (23 Mio.), Peking (19,6 Mio.), Hangzhou (6,8 Mio.) und Suzhou (4 Mio.). Die Dimension der Städte ist so gewaltig, dass man deren Ausmaße gar nicht fassen kann. Tausendfach erheben sich Wohntürme, Appartementblocks und Wolkenkratzer vom Horizont. Glas, Stahl und Beton sind die dominierenden Elemente. Alles hochmodern, blitzeblank und von monumentalem Ausmaß. Leistungsfähige U-Bahn-Netze sind die pulsierenden Schlagadern dieser Megacities. Nirgends wo auf der Welt scheint es mehr deutsche Limousinen zu geben. Noch nicht einmal in Stuttgart oder München dürfte die BMW- bzw. Mercedes-Dichte annähernd so hoch sein. Wenn es dunkel wird, flackern die Leuchtreklameschilder mit ihren chinesischen Schriftzeichen und die Wolkenkratzer schießen Laserstrahlen in den Nachthimmel. Bizarr…


Skyline von Hongkong


Skyline von Shanghai

Nach Shanghai hat es uns nur aus einem Grund verschlagen. Wir wollen endlich ein Glanzlicht deutscher Ingenieurskunst probefahren. Die Rede ist natürlich vom Transrapid. Spätestens seit Edmund Stoiber ist er legendär. Aufgrund der hohen Kosten konnten wir Deutschen uns die eigene Erfindung aber nicht leisten. Die Chinesen haben genug Geld und stehen auf Geschwindigkeitsrekorde – also schwebt der Transrapid halt dort. 10 Euro kostet die Hin- und Rückfahrt für die Strecke zum Flughafen Pudong. Ein Spaß, denn wir uns gerne leisten. Nach einigen Kilometern erreichen wir die Höchstgeschwindigkeit von 430km/h. WAHNSINN. Mit etwa der doppelten Geschwindigkeit eines startenden Airbus sausen Häuser, Fabrikhallen und Autos an uns vorbei. Der Fahrkomfort lässt jenseits der 300 Sachen allerdings zu wünschen übrig, denn der Transrapid wackelt und ruckelt ganz ordentlich. Nach exakt 7:17:70 Minuten schweben wir in die Halle vom 30 Kilometer entfernten Flughafen Pudong ein. Schneller geht’s nirgendwo auf der Welt…

Auch auf der Schiene sind die Chinesen schnell unterwegs. Die 1.318 Kilometer von Shanghai nach Beijing legt der von Siemens entwickelte Hochgeschwindigkeitszug in fünfeinhalb Stunden zurück, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 240 Stundenkilometern entspricht. Da bleibt gerade noch genügend Zeit, durch die Fensterscheibe einige Eindrücke von der Dimension des Landes zu erhaschen. Abwechslungsreich gestaltet sich China nicht gerade. Entweder sieht man den Betonkrebs in Form von Hochgeschwindigkeitstrassen, Autobahnen, Baustellen oder Industrieanlagen wuchern oder die flache Landschaft ist vom Reisanbau geprägt. Die pure Monotonie. Im siebzehngleisigen (!) Durchgangsbahnhof von Nanjing sind wir der einzige Zug. Über uns schwebt eine Hallenkonstruktion biblischen Ausmaßes. Hier wurde geklotzt, es erweckt den Anschein, dass Geld und tatsächlicher Bedarf keine Rolle zu spielen scheinen.


Während wir durch China flitzen läuft Sissi in der Glotze. Romi Schneider mit chinesischer Synchronstimme – zum Wegschmeißen komisch…


Nicht gerade eine Augenweide…

 

2 Gedanken zu „Neulich in Schina

  1. Papa Til, 24 Nov 2012:
    Sehr eindrucksvoll, Euer Bericht über das Beton- und Verkehrswesen. Mir wird himmelangst. Was leben da für „Menschen“? In den Städten keine Natur und auf dem Land Agrarsteppe, da kann man doch drauf warten, dass dieses System kollabiert!?

  2. Mama, 28 Nov 2012:
    Hallo Bernd ! Und schon ist China abgehakt und die transsibirische Eisenbahn steht für Euch bereit,um Euch nach Hause zu bringen. Und nicht vergessen: Tom Robb Smith „Kind 44“ und „Kolyma“ bei 30 Grad Minus gelesen geht echt unter die Haut, da packt einem das Grauen, wenn man von sibirischen Straflagern liest und vom russischen Ermittler…. Viel Spass und vergiss nicht hin und wieder mal aus dem Fenster zu schauen !!!

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