Es gibt Reis, Baby!

Sieben Wochen lang haben wir Indonesien von Lombok über Bali und Java bis Sumatra bereist.

Fortbewegung: Eisenbahn, Bemo (Minibus), Ojek (Motorradtaxi), Becak (Fahrradrikja), Becak mit Motor, Polizeimotorrad, Taxi, Autofähre, Boot, Bus, Flugzeug, Nachbars‘ Mitsubishi, Fahrrad
zurückgelegte Kilometer: 4.859
Zeitraum: 51 Tage zwischen März und Mai
Sonnentage: R-E-G-E-N? wie schreibt man das? Die volle Dröhnung UV-Licht, von kurzen Schauern mal abgesehen…
Temperatur: frühlingshafte 30 bis 35 Grad
Budget: 18 Euro (sensationell billig)
Gesamtbewertung: 1,0 – Wir hätten ja nicht gedacht, dass wir die Bestnote jemals vergeben, aber Indonesien ist einfach HAMMER!

Weltreise Indonesien

must-sees:
Balis‘ Reisterassen sind noch grüner als Irland am St. Patricks Day. Unbedingt ein Moped leihen und frei Schnauze über schmale Landsträßchen durch die herrliche Kulturlandschaft flitzen. Mit Sicherheit begegnet man dabei einem (wenn nicht dreihundert) der insgesamt 25.000 Hindu-Tempel. Die Euphorie lässt zwar von Tempel zu Tempel spürbar nach, aber es sind dennoch spirituelle und mystische Orte, die es zu besichtigen lohnt.

Im überfüllten Touristenort Ubud auf Bali haben wir schnell die Ruhe gesucht und sind in den idyllischen Affenwald geflüchtet. Herrlicher Schatten, uralte Riesenbäume, verwunschene Steinbrücken, zerklüftete Schluchten und jede Menge Affen. Amüsiert schauen wir zu, wie ein Affe die Handtasche einer Touristin klaut und deren Geldbeutel und die Sonnencreme plündert. Haha, Schadenfreude steht nicht nur bei den Indonesiern hoch im Kurs!

Traumstrände findet man eher auf Lombok und den Gili Inseln. Der Terminus „Gili Inseln“ ist zwar ziemlich idiotisch (Gili = Insel auf indonesisch), aber wir wollen mal nicht kleinkariert sein. Wer also auf die „Insel Inseln“ rüber will, hat die Wahl zwischen Gili Trawangan und Gili Meno. Gili T, mit dem Beinamen Partyinsel, war unsere Wahl. Nicht der Partys oder Magic Mushrooms wegen, sondern der Vielzahl von Restaurants und bezahlbaren Unterkünften geschuldet. Einst, vor Jahrzehnten, die Entdeckung und der Geheimtipp der Backpacker, hat sich die Insel mittlerweile eher in Richtung Pauschaltourismus a la TUI-Reisekatalog entwickelt. Dennoch, den Spirit der guten alten Zeit kann man gelegentlich noch spüren. Dann zum Beispiel, wenn Dir jemand an einer Straßenecke Magic Mushrooms anbietet. Oder wenn der Hausherr lächelnd das Frühstück mit einem Joint im Mundwinkel serviert. Es ist schon irre surreal: da steht der Muezin auf den Zinnen seiner Moschee und ruft lautstark zum Gebet – und wird dabei von Bob Marley aus den Lautsprechern der Strandbars übertönt.

Wer es ruhiger mag, ist auf Gili Meno besser aufgehoben – kann unter Umständen aber auch etwas monoton sein.

Java ist v.a. wegen seiner vielen aktiven Vulkane ein spannendes Reiseziel. Wer gerne Schwefel schnüffelt bis die Lunge brennt oder wer schon immer mal wissen wollte, wie sich das Fegefeuer später einmal anfühlen wird, der wird hier voll auf seine Kosten kommen.

Sumatra eignet sich insbesondere zum entspannen und „runterkommen“ inmitten großartiger Natur. Der Lake Toba hat es uns besonders angetan. Eine Woche am See baden, lesen und faulenzen. Und mit einem Tässchen Magic-Mushroom-Tee wird das Naturidyll zum vergnüglichen 4-D-Kino für die Sinne

forget-it:
Nur ein Ziel ist komplett durchgefallen: Bukittinggi. Nach drei Tagen bluten einem die Ohren. Der Mopedlärm ist schon schlimm, die Muezine der drei umliegenden Moscheen sind gerade noch zu ertragen, aber wenn dann um 03:00 Uhr in der Nacht auf der Baustelle nebenan mit dem Gerüstbau begonnen wird, brennen einem die Sicherungen durch. Der marode Zoo ist eine bittere Pille in Sachen tiergerechter Käfighaltung. Der traurige Blick des Orang Utan hat sich tief drinnen in den Windungen unserer Hirne eingebrannt.

 

top:
Indonesisches Essen ist einfach yummi. Leckeren Reis zum Frühstück, leckeren Reis zum Mittag und leckeren Reis zum Abendessen. Für eine dankbare Abwechslung sorgen da lediglich die Chili-Schoten, wenn man sie nicht gleich entdeckt und voll draufbeisst. Unsere Lieblingsessen: Ayam Sate (gegrillte Hühnchenspieße mit Erdnusssoße), Lele (frittierter Katzenwels), Chap Chai (Gemüsesuppe) und natürlich Nasi Goreng (gebratener Reis, hatten wir fast täglich). 
Den größten Genussfaktor bringt der Avokadoshake mit Schokosoße im Hostel Liberta auf der Halbinsel Tuk-Tuk. Da schweben die Geschmacksnerven im siebten Himmel – und verlangten fortan eine tägliche Dosis.


Leckere Nudelsuppe, die volle Ladung Schärfe auf dem Löffel (gell Tilmann!)

„Tourist-Hunting“ ist eine beliebte Sportart für Schüler nach Unterrichtsende. Die Trophäe besteht aus ein paar Brocken Englischkonversation. Wir sind auf Bali und Java täglich mit immer den gleichen Fragen gelöchert worden. Ihr solltet mal das Lächeln der Kinder sehen, dass über die Gesichter huscht, wenn man erzählt, dass Indonesien ein großartiges Land sei. Sie sind einfach süß, wie sie da mit ihren Notizblöcken stehen und vorformulierte Fragen stellen. Und als Beweis für die Lehrer wird entweder mit der Videokamera gedreht oder ein Gruppenfoto geschossen. Hoffentlich hilfts, denn die Englischkenntnisse der jungen Menschen sind vergleichsweise unter aller Sau…

Die Trophäenwand – gesehen in einer Privatschule auf Java

Die Freundlichkeit der Menschen in Indonesien ist verblüffend. Wir haben unzählige Small-Talks geführt, sind hundertfach mit „Hello Mister“ begrüßt worden (scheinbar zählt die Frau nicht) und sind nach Hause eingeladen worden. In jeder Situation hilft ein Lächeln weiter. Immer!

Die Polizei dein Freund und Helfer! Nach 10 Stunden Reisezeit kommen wir erschöpft in Tabanan auf Bali an. Die freundlichen Polizeibeamten, die wir an der Straßenecke anquatschen erzählen uns, dass es nur ein Hotel in der Stadt gebe, etwa 2 Kilometer von unserem Standpunkt entfernt. Wir wollen uns gerade in Marsch setzen, als uns eine Mitfahrgelegenheit offeriert wird. Wir staunen nicht schlecht, als wir aufgefordert werden, mit vollem Sturmgepäck auf dem Moped hinten Platz zu nehmen. Jeder von uns nimmt auf dem Gepäckträger eines Zweirads Platz und geschwind flitzen wir in einer Eskorte durch die dunklen Gassen von Tabanan. Der Hotelier staunt nicht schlecht, als wir unter Geleitschutz von drei Polizisten in unser Zimmer einchecken. Gut, die Kakerlaken unterm Kleiderschrank haben sich davon nicht beeindrucken lassen, aber das ist eine andere Geschichte…

Zur guten Laune trägt auch das extrem niedrige Preisniveau bei. 18 Euro für Essen, Unterkunft und Transport am Tag ist und bleibt ungeschlagen.

Maus-Fans aufgepasst: Shaun das Schaf genießt in Indonesien Kultstatus.

wunderlich:
Ein Stadtbummel abseits der Touristenrouten gleicht gelegentlich einem „Catwalk“. Du schreitest die Straße entlang und ziehst die Blicke der Passanten auf dich, als wärst Du ein Topmodel. Zahlreiche Fotoshootings mit unbekannten Groupies – so muss sich ein Rockstar fühlen. Wenn Kinderaugen vor Neugierde überquellen oder Kinderhände nach dir zeigen, hast Du es mal wieder geschafft und Du weisst: hier kommen selten Touristen vorbei. Manchmal kommt man sich aber auch einfach nur wie E.T. vor, ein extraterrestrisches Wesen, Lichtjahre von zu Hause entfernt…

Indonesien ist ein krasser Raucherstaat. Rauchen tun aber ausschließlich die Männer. Da wird gequarzt wie bei uns in den 70ern. Egal ob im Restaurant, im Hotelzimmer, im Nachtbus, im Nichtraucher-Zugabteil, auf dem Moped oder während der Zubereitung deines Essens – der Glimmstengel brennt immer. Und dann rauchen die ein Kraut, dessen Nebel wirklich Übelkeit verursachen kann. Die absolut einzige rauchfreie Zone war im Flieger von Jakarta nach Padang.

Der Produktionsfaktor Arbeit scheint hierzulande nix zu kosten. Da kann es schon mal vorkommen, dass fünf Hotelangestellte auf zwei Gäste kommen. Versteht sich von selbst, dass die vielen Angestellten viel lieber mit ihren zahlreichen Kollegen quatschen und rauchen, statt sich um die zahlenden Gäste zu kümmern…

Den Popo putzen sich Indonesier mit der bloßen linken Hand ab. Klopapier gibt es nicht, dafür reichlich Wasser aus der Schöpfkelle. Ein Indonesier wäre sehr beleidigt, wenn man zum Gruße die Linke reicht, die gilt nämlich – verständlicherweise – als unrein. Eine Ration Klopapier gehört daher zur Standardausrüstung des Backpackers… Achja und Kloschüsseln oder Spülungen gibt es auch nicht (auweia!).

Wer den Tag nicht schon wieder mit Reis zum Frühstück beginnen will, dem bleibt oft nur eine Wahl: ungetoastetes, lappriges Weißbrot mit Margarine und Schokostreuseln. Klingt komisch, is aber so!

 

nervig:
Unkontrolliertes Bevölkerungswachstum, stinkender Müll in den Straßen und mit Abwasser verpestete Flüsse sind die Kehrseite der Medaille. Es fällt einem gelegentlich schon schwer, das Land bedingungslos zu mögen, angesichts solch dramatischer Umweltsünden.

Bei den Stadtplanern (gibt es diesen Berufsstand in Indonesien überhaupt?) stehen Fußgänger nicht besonders hoch im Kurs. Wir haben Fußgängeralpträume hinter uns, das glaubt uns in Europa keiner… Wenn man vor einem dieser vierspurigen Mopedhighways steht gibt es im Grunde zwei Möglichkeiten: Ein Zelt aufschlagen und geduldig auf eine Lücke im Verkehr warten – oder die Hand heben und todesmutig mit geschlossenen Augen auf die Fahrbahn treten und hoffen, dass es gut geht. 

Indonesier sind so unglaublich fußfaul. Wirklich JEDE Entfernung wird mit dem Motorbike zurückgelegt. Man hat uns einmal im Hotel ein Moped angeboten, um die Distanz von etwa 30 Metern zum gegenüber gelegenen Restaurant zu überwinden. 

Wer sich dennoch – und allen guten Ratschlägen zum Trotz – zu Fuß fortbewegen will, muss verdammt aufpassen, dass er nicht von einem Loch im Boden verschluckt wird oder in eine der zahlreichen Stolperfallen tritt und sich die Beine bricht.

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