Matanzas – Kuba real und ungeschönt

Wir sind nach Kuba gekommen, um das Land hinter der Fassade der Tourismusressorts kennen zu lernen und statten deshalb der relativ unbekannten Provinzhauptstadt Matanzas einen mehrtägigen Besuch ab. Armando nimmt uns in seiner „casa particular“ herzlich auf und die Köchin des Hauses verwöhnt unsere Gaumen mit den kulinarischen Köstlichkeiten des Landes. Was unsere Augen und Nasen allerdings in den Straßen serviert bekommen ist weit entfernt von jeglichen Genüssen. Fäkalien, Abwasserrinnsale und stinkender Müll, Häuser, die eher an Ruinen erinnern und verschimmelt, verdreckt oder ohne Dach sind. Wir fühlen uns in vielen Straßen und Gassen an ein Dritte-Welt-Land erinnert. Der Sozialismus hat eine vormals blühende Stadt in Schutt und Asche gelegt. Die Menschen auf der Straße sind allesamt sehr freundlich zu uns und manche klagen ihr Leid über das Leben in Kuba. Humberto beispielsweise, der sich einfach neben uns setzt und von seinem Sohn erzählt, der von Fidel Castro vor 17 Jahren zum Tode verurteilt wurde, weil er massive Kritik am Regime geäußert hatte. Humberto hat in den 80ern bei Botschaftern und im Ausland für das Leben seines Sohnes gekämpft und wenigstens erreicht, dass das Todesurteil nicht vollzogen wurde. Sein Sohn sitzt allerdings bis heute im Gefängnis. Früher durfte er ihn alle vier Monate für zwei Stunden besuchen. Seit Kurzem darf er alle zwei Monate für zwei Stunden zu seinem Sohn – ein sehr bescheidener Fortschritt, von großen Reformen auch unter dem neuen Regierungschef Raul keine Spur. Wir stellen uns die Frage, ob der Sozialismus in Kuba seine besten Zeiten hinter sich hat, denn so sehr man die Revolution in Kuba heiligt, so sehr kann man gleichzeitig die Unzufriedenheit v.a. der jüngeren Generation in den Straßen Kubas spüren.

Es gibt aber auch die liebevolle Seite dieser hässlichen Stadt – nämlich die Kinder. Mit selbst gebauten Seifenkisten rumpeln die Kleinen die steilen Gassen hinunter und haben den größten Spaß dabei, vor unseren Augen bzw. der Kamera fahrerische Kunststücke zu vollbringen. Ohne Glotze und Nintendo, ohne Markenturnschuhe und ohne Barbie haben die Kinder einen großen Spaß auf der Straße und es kommt uns in den Sinn, dass man als Kind in einer unversauten Welt ohne Gewalt und Konsumzwang vielleicht gar nicht so unglücklich ist.

Als wir so auf der Straße sitzen und Schokolade an die Kinder verteilen, werden wir auf die Dachterasse zum Abendessen gerufen. Es wird zu unserer Überraschung Hummer mit Reis, Bohnen, Avocados, Kartoffeln, Shrimps und Fischsuppe serviert. Unglaublich lecker – aber der Appetit vergeht uns ein wenige, da unser Abendessen für zwei Personen 16 CUC (ca. 13 Euro) kostet. Das ist nicht viel Geld für uns, entspricht aber dem Gegenwert von etwa anderthalb Monatsgehältern (!) eines einfachen kubanischen Arbeiters. Die Kubaner erhalten vom Staat Essensrationen, die aber nur für die ersten zwei Wochen des Monats reichen. Danach sind die Menschen auf sich selber gestellt und müssen von dem geringen Lohn leben. Angesichts eines solchen Luxus, kommen wir uns schon irgendwie schlecht vor. Was für eine ungerechte Welt… (und diese Erkenntnis sollten uns im Laufe der Reise noch sehr sehr oft in den Sinn kommen).

Die Organisation der Weiterfahrt nach Santa Clara ist ein Alptraum auf kubanisch. Weder Busse noch Züge fahren so, wie wir es gerne gehabt hätten und so blieben wir einen weiteren Tag in dieser trostlosen Stadt hängen. Touristen sehen wir übrigens hier keine – außer am Freiheitsplatz, wo die organisierten Bustouren für eine Stunde die wenigen Pauschaltouristen ausspucken, die mal etwas reale kubanische Luft außerhalb der Ferienressorts schnuppern wollen. Nein, wir haben den Aufenthalt dort in Matanzas im Nachhinein nicht bereut.

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